"Bin so im Stress!…Nua kan Stress…Stress mich nicht!…."
Stress ist Thema unserer Zeit- keiner will ihn haben,- oder doch? - zumindest ein bissl?- damit man dabei ist? Hat ja auch einen gewissen Sex, so unter Strom zu stehen…Mögliches Bild dazu:“Ich habe zu tun, ich bin im Zentrum des Geschehens, ich bin gebraucht, gewünscht und nützlich..“- wichtig, vielleicht??
Auf der anderen Seite versuchen wir Stress zu vermeiden, wir sehnen uns nach Ruhe, der einsamen Insel…müssen dem gegensteuern. Stress kann so überhand nehmen, daß wir vereinsamen…
Ein sehr ambivalentes Thema also, das auch oft ausgelagert verstanden wird:
Nicht wir erzeugen unseren Stress selbst, sondern die Umgebung versetzt uns in Stress:“Wäre die Umgebung anders, wären wir nicht im Stress, also sollte sich doch die Umgebung ändern!“ Na gut. Kann man sich ja wünschen. Vom Christkind.
Manchmal kriegt man ja auch, was man sich wünscht- aber was, wenn nicht??
Egal, wer daran Schuld sein soll- er sitzt dann in UNSEREM Nacken-
und die Pflege des „eigenen Reviers“ fängt auf jeden Fall bei uns an.
Warum stresst uns überhaupt etwas? Warum sind Menschen mit der gleichen Herausforderung in unterschiedlichen Stress-Levels unterwegs? Wie kommt er zustande und was bewirkt er im Körper?
Eine gewisse Regsamkeit an den Tag zu legen tut ja gut, in Bewegung zu sein- körperlich wie geistig. Wenn wir uns ganzheitlich aktiviert fühlen, im Gefühl stehen, dabei alles im Griff und gut im Blick zu haben, mit den gestellten Herausforderungen gut umgehen können, dann ist das positiver Stress (Eu-Stress). Aktivierende Hormone werden ausgeschüttet und stehen auch in einem guten Verhältnis zu unserer Aktivität. Wir sind im Flow und kreativ…
Di-Stress erzeugt dagegen Angst, Überforderung, Ohnmacht. Der Körper reagiert bei lang anhaltender Überforderung mit psychischer Überspannung (Schlafstörungen) Verspannungen und Krankheit. Wir kommen in ein Ungleichgewicht zwischen unserem körperlichen Aktivitäts-Niveau und den Möglichkeiten aktiv zu werden. Der Stressor braucht immer mehr Energie von uns, tunnelblick-artig verengt sich unsere Sicht auf die Welt und unsere Aktionsräume, wir ziehen uns zurück. Wir würden gerne passend handeln, wissen aber nicht wie, wie richtig oder wie effektiv. Der Puls steigt, wir schütten mobilisierende Stoffe aus, ohne in eine stimmige Reaktion zu finden…
Es liegt dann an unserer Stress-Toleranz, (das wäre die körperliche und geistige Widerstandsfähigkeit gegen diese Vorgänge) und Resilienz, (ist das Vermögen, diesen Vorgängen gegenzusteuern und sie abzubauen), ob und wie lange wir dagegenhalten können, oder ob wir den den Boden unter den Füssen verlieren (und wir zum Bespiel im Burnout landen….).
Stress-Toleranz ist also ein wichtiges Gut. Wie kann man sie aufbauen? Warum haben manche mehr davon, als andere?
Stress-Resistenz und Resilienz liegt in unserer Geschichte verankert, unsere Bindungs-Erfahrungen und dem daraus resultierenden Ur-Vertrauen sind Basis, auch bei Widerstandskraft und beim gesunden Umgang mit Stress…
Verringerte Stress-Toleranz kann auch mit traumatisch erlebten Ereignissen und den daraus entwickelten Verhaltens- und Kompensationsmustern zu tun haben. Wieviel Vor-Spannung wir in eine Stress-Situation mitbringen, hat wesentlichen Einfluss auf unsere Verarbeitungsmöglichkeit oder unsere Überforderung.
Mein Körper als „Partner in jeder Lebenslage“ ist dabei wesentlich beteiligt:
Unsere Körper-Erinnerung besteht aus gespeicherten Reaktions-Mustern. Erinnerung wird dabei immer wieder neu produziert, indem Nervenzellen nach einem bestimmten Muster aktiviert werden. Die Neuronen feuern in festgelegten Kreisläufen. Reaktions-Muster können sich so gesehen also immer tiefer in unser neuronales Netz „einbrennen“.
Vieles, was uns traumatisiert, würden wir auf Anhieb nicht gleich der Kategorie Trauma zuordnen. Trotzdem kann jedes Erlebnis, das uns im wahrsten Sinne in den Knochen stecken bleibt, (weil wir aus dem individuellen Erleben heraus z.B. handlungs-unfähig wurden), zum Trauma-Erlebnis werden.
Vor diesem inneren psycho-motorischen Gerüst werden Situationen bewertet und eine mehr oder weniger stress-tolerante Art des Umgangs gefunden.
Die persönliche Trauma-Vorgeschichte und die Sicherheit, mit der ich im Leben stehe, hat demnach Einfluss auf mein Erleben und die Fähigkeit mit grossem Stress umzugehen. Daraus resultiert auch, ob wir handlungsfähig bleiben können, ob wir soziale Unterstützung annehmen oder ob wir uns andere Unterstützung suchen können.
Erinnerung ( geistige ebenso, wie körperliche) ist aber auch nicht automatisch festgeschrieben. Sie entsteht immer wieder von Neuem- und kann auch umgeschrieben werden!
Bei traumatisierten Menschen feuert das System wesentlich öfter aktivierende Botenstoffe: Viele Reize sind mit einer Gefahr-Empfindung gekoppelt. (Alarmbereitschaft ist erhöht, Kampf- oder Fluchtmodus aktiviert…)
Emotionen brauchen Raum im Körper. Man kann über bestimmte Trainings-Konzepte den Raum im Körper weiten, sodass uns Stress nicht im Körper „stecken bleibt“ und das System überfordert.
„Somatic Experience" ( die Technik könnte man beschreiben als die sensorische Bewusstmachung und dem Aus-Agieren eines Körper-Gefühls ) hilft zum Beispiel bei der Freisetzung dieser Energien. Dabei behutsam vorzugehen ist wichtig. Es kann dabei ein Ventil geschaffen werden, um im Körper gespeicherten Stress abzuführen.
Den Körper als Partner ernst zu nehmen, seine Reaktionen beim Aufzeigen von Stress („mir bleibt die Luft weg…“) als liebevolle Mahner, sich doch wieder mehr auf sich zu besinnen, zu verstehen und ihn auch als unterstützende Lenk-Kraft für den Geist anzunehmen ( z.B. den tiefen Atem zur Beruhigung des Geistes zu verwenden) macht Sinn.
Viele Menschen nützen sportliche Betätigung, um dem Alltags-Stress etwas entgegenzusetzen- wie recht sie doch haben!
Zu leistungsbedingtem Stress fällt mir auch noch ein zweiter Gedanke ein, eine Metapher:
Ein Baum kann nur Äpfel tragen, wenn seine Wurzeln und sein Stamm fest und gesund in der Welt stehen. Alles, was nach oben spriesst, kann man kürzen und beschneiden- solange die Basis stark ist, sind es kosmetische Korrekturen, die die Kraft des Baumes wieder anregen helfen (auch wenn es, wie mir diesen Herbst, auf den ersten Schnitt manchmal schwer fällt, etwas wegzunehmen).
Ob und wie ich mich Stress aussetze, wie ich ihn erlebe und damit umgehe hat also ganz viel mit der Verantwortung mir selbst gegenüber zu tun- ich möchte auf diese erste Verantwortung mir selbst gegenüber vor lauter Verantwortlichkeit anderem und anderen gegenüber nicht vergessen.
(Und Manches liegt auch buchstäblich am Weg: Mein Fahrrad als Firmenfahrzeug ist zwar steuerlich nicht so schön absetzbar, aber schenkt mir- nicht nur zum Stress-Abbau- auf mehreren Ebenen viel gute Zeit ;)! )
So gesehen ist es dann unerheblich, wer wen wie wo stresst (und wer dann woran wie Schuld ist… : noch so eine Folter unserer Zeit- ich habe das Gefühl, wir wollen dauernd irgendwen schuldsprechen! Statt dass wir auf die Lern-Effekte aus einem Missgeschick schauen, schauen wir möglichst schnell (und dann meistens recht unreflektiert), wo der Schuldige stecken könnte (mit der sehr beliebten „Nur-Nicht-Ich-Strategie“), am besten mit lautstarkem Gehabe und erhobenen Zeigefinger: „Wir sind es nicht- aber wir haben den Schuldigen dingfest gemacht! An den Pranger!“ So ein Zugang gestattet keine Fehler. Doch Fehler machen zu dürfen ist wichtig. Nur so lernen wir. Das Stress-Level rutscht weiter in die Höhe…Schon Schüler sind heute manchmal Burn Out gefährdet…).
Ich schau mal auf mich, ich darf Fehler machen, wir alle dürfen Fehler machen. Ich darf sie dann auch nach meinen Überlegungen verändern und weiter daran arbeiten, meinen Weg zu finden - und dann wird das schon…;!
Holt mich unheimlich runter…wo ist mein Stress hin?? keine Ahnung. Soll er bleiben wo wer will. Ich radl jetzt mal ins Kino…
Buchtip: „Was der Körper zu sagen hat-
ganzheitlich gesund durch achtsames Spüren“ (Dr. Isa Grüber)
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